Macht es umweltbewussten Eltern einfach: Windelei
Diese Stoffwindeln lassen Öko-Klischees alt aussehen
Viele Eltern kaufen im Bioladen ein oder achten bei der Kleidung auf natürliche Stoffe und vermeiden Plastikspielzeug aus Fernost. Aber wenn es um das Thema Windeln geht, wird es plötzlich schwierig und Einwegwindeln sind auch bei den meisten umweltbewussten Eltern immer noch die erste Wahl. Mit der Windelei möchten Sonja Specks und Franziska Reif das ändern.
Unpraktisch, stinkend und viel zu viel Arbeit oder schlichtweg nur was für überzeugte Ökoidealisten – solche Assoziationen haben viele Menschen beim Gedanken an Stoffwindeln. Auf der anderen Seite wird deshalb oft ignoriert, dass Einwegwindeln täglich ganze Müllberge entstehen lassen. Geschätzt sind 8 bis 10 Prozent des Restmülls Windeln. Dieser Müll wird nicht recycelt sondern verbrannt. Als Sonja Specks schwanger wurde, suchte die Wirtschaftsingenieurin nach einer Alternative, daraus entstand die Idee zur Windelei und 2018 machte sie sich in Berlin selbstständig. 2019 kam Franziska Reif dazu, die das Geschäftsmodell in München vorantreibt.
Was aber unterscheidet ihre Windeln von den gängigen Klischees der bekannten Mullwindeln, die von den meisten Eltern heute eher als Spucktücher anstatt zum Wickeln verwendet werden? Zunächst einmal schauen die modernen Stoffwindeln der Windelei mit den kleinen roten Elefanten auf türkisenem Hintergrund richtig schick aus. Für die meisten Eltern aber wahrscheinlich viel wichtiger, sie müssen keine versierten Wickelkünstler sein, denn ähnlich wie herkömmliche Plastikwindeln sehen diese Windeln mehr wie kleine Höschen aus und lassen sich entsprechend bequem anziehen. Nur dass hier keinerlei Chemie auf der Haut im Spiel ist. Als Materialien werden Biobaumwolle und Biohanf sowie ein kompostierbarer Zellstoff eingesetzt. Lediglich die Außenwindel besitzt eine hauchdünne Polyesterschicht, die vor Nässe schützt.
Aber nicht die Stoffwindel an sich sind das eigentlich Neue an der Geschäftsidee der beiden Gründerinnen. Es ist das Gesamtkonzept und vor allem der Service, der es den Eltern bequem macht, auf die umweltschonende Wickelvariante umzusteigen. Denn die Windeln werden nicht einfach verkauft, sie werden geliehen. Den Eltern wird der lästige Aufwand, der häufig als Gegenargument zur Stoffwindel gilt, einfach abgenommen. Die Kunden in Berlin und München bekommen einmal in der Woche frische Windeln geliefert. Die gebrauchten Windeln werden mitgenommen, nach Krankenhausstandards aber möglichst ressourcenschonend in einer Wäscherei gewaschen. Aus ökologischer Sicht kann eine Haushaltswaschmaschine da längst nicht mithalten. Und so entstehen zuhause keine zusätzlichen Wäscheberge. Denn bei etwa acht Windeln am Tag kommt da bei einem Neugeborenen ganz schön was zusammen. Zum Service gehört übrigens auch ein spezieller Wäschesack, indem die gebrauchten Windeln gesammelt und unangenehme Gerüche vermieden werden. Interessierte Eltern außerhalb Berlins und München können sich die Windeln zum Mieten per Post liefern lassen, müssen dann aber selber waschen.
Worauf die beiden Unternehmerinnen achten: eine nachhaltige Produktionsweise, kurze Transportwege und faire Arbeitsbedingungen. Produziert wird in der EU (Polen und Lettland) und soweit möglich in Deutschland. Für Berlin ist 2020 zusätzlich der Aufbau einer eigenen Wäscherei geplant.
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